Deuchelried erhält Auszeichnung für die neu gestaltete Dorfmitte
Nowak-Stadel, neuer Platz, Dorfgemeinschaftshaus sind ausschlaggebend bei der Nominierung
Wenn Landluft und Baukultur im Allgäu und in Bayerisch Schwaben zusammenkommen, dann ergibt das Preise oder Nominierungen. Auf jeden Fall sind die Projekte, die von der Jury in Kooperation mit dem Architekturforum Allgäu mit dem „Baukulturgemeinde-Preis Allgäu“ ausgezeichnet werden, herausragend in Sachen Architektur, aber auch in sozialen Fragen. Wer einen Preis oder eine Nominierung erhält, der hat sich beim Bau oder bei der Gestaltung des jeweiligen Projekt solchen Fragen gestellt: Wie wird in der Gemeinde zusammengelebt? Wird das Projekt bürgerschaftlich getragen oder welche Entwicklungen werden davon ausgehen?
Deuchelried mit seinem Dorfgemeinschaftshaus und dem neugestalteten Nowak-Stadel samt Vorplatz zwischen Kirche und Dorfgemeinschaftshaus hat die Jury überzeugt. So waren Ortsvorsteher Theobald Harlacher, Bauamtsleiterin Astrid Exo sowie Dirk und Maike Nowak jetzt in Wildpoldsried, um die Urkunde für die Nominierung der neuen Dorfmitte in Empfang zu nehmen.
13 Bewerbungen waren bei der international besetzten Jury eingegangen, sieben Gemeinden wurden von der Jury prämiert, davon wurden Unterzeile: drei Auszeichnungen, drei Nominierungen und ein Sonderpreis vergeben.
Fast 30 Jahre war der vormalige „Karrer-Stadel“ leer gestanden – und das an prominenter Stelle in der Ortschaft. „Was immer irgendwo übrig war, das man nicht wegwerfen wollte, wurde hier gelagert“, erzählt Theobald Harlacher. Unter anderem parkte auch das Spurgerät für die Deuchelrieder Loipe in dem alten Gemäuer. Schließlich übernahmen Dirk und Maike Nowak das in die Jahre gekommene Gebäude. Er ist Restaurator, sie ist Architektin und hat ein eigenes Büro. Für die Sanierung und Neugestaltung des Stadels hätte es vermutlich keine bessere Konstellation geben können.
So entstand ein Haus, das allein schon durch seine Form ein Hingucker ist. Aber auch der warme Holzton der Verschalung zieht das Auge an. Eine Holzfassade aus einheimischer Lärche ummantelt die alten Mauern, die in ihrer Grundstruktur erhalten geblieben sind. Auch alte Balken aus dem Gebäude fanden wieder Verwendung, beispielsweise in der Abgrenzung von Laden und Werkstatt, die komplett als Holzwand gebaut ist.
Nichts im Inneren erinnert an die ehemalige Nutzung als Kuhstall. Der Komplex wurde in einen Schauraum und die Werkstatt mit mehreren Bereichen neu gegliedert: Da ist einmal der große Raum im Zentrum, der über zwei Geschosse geht. Hier stehen Drechslergeräte, eine Hobelbank und manch andere Werkzeuge, die der Restaurator und Allrounder im Handwerk braucht. Der Raum ist so konzipiert, dass dort auch große Objekte stehen und bearbeitet werden können. Dirk Nowak denkt beispielsweise an Skulpturen und Brunnen wie jene, die er 2014 in Wangen saniert hat. Damals fuhr man sie ins Bauhofareal, jetzt könnte man sie in die Werkstatt in Deuchelried bringen.
In Nebenräumen ist das Restaurierungsatelier für Keramik und Abformerei mit einem Mikroskopier- und Laborarbeitsplatz und in einem weiteren Raum die Werkstatt zur Bearbeitung von Metallobjekten eingerichtet. Beides braucht der Restaurator. Derzeit beispielsweise untersucht er eine Windfahne aus Metall nach Farbresten. Kein einfaches Unterfangen, denn wer immer das Metallstück vorher in Arbeit hatte, reinigte es gründlich mit dem Sandstrahler.
Im ersten Stock des Stadels befindet sich eine Nähwerkstatt, in der zurzeit nach Kundenwunsch drei großformatige Hirschlederteppiche entstehen. Dort fertigt Nowak aber auch die verschiedensten Teile aus Filz vom Schlüsselanhänger über Sitzkissen oder Holzkörbe an. Der riesige Tisch weist daraufhin, dass hier auch sehr große Stücke bewältigt werden, beispielsweise wenn aus Filz lärmdämmende und schadstoffabsorbierende Ruhe- oder Kommunikationsinseln geformt werden. Kunden für solche Produkte kommen aus der Industrie, dem Dienstleistungssektor. Jüngster Großkunde war die Gastronomie im Hofgut Dürren, die unter anderem Sitzkissen aus Wollfilz, Dekokissen und Menühüllen bestellt hatte. Weiter gibt es unter dem großen Stadeldach ein Büro und Lagerflächen für Holz und anderes Material.
Im Geschäftsraum zeigt Dirk Nowak seine Filzprodukte – Taschen verschiedenster Größen und Designs, die entweder Handtasche, Mappe, Holz- oder Wollkorb sein können. Darüber hinaus gibt es Fell- und Lederprodukte. Wobei die beiden darauf achten, die Rohstoffe möglichst aus einem Umkreis von höchstens 250 Kilometern zu beziehen. Nur das Hirschleder, das gerade zum Teppich verarbeitet wird, kommt aus St. Johann im Pongau und hat damit gut 300 Kilometer Anreise hinter sich.
Vom Laden aus sieht man auf den Kirchturm und kann auch hinter einem Baum das Dorfgemeinschaftshaus ausmachen. Dort haben Vereine einen Treffpunkt und Probenräume gefunden. Dass der Musikverein beispielsweise seine Räume als „veredelten Rohbau“ entgegengenommen hat und dann in Eigenarbeit ausgestaltet hat, gefiel der Jury von Landluft und Baukultur sehr. Durch den Abbruch der Schweinestallungen und der Garagen im vorderen Teil des Stadels entstand ein freier Platz für die Dorfmitte mit Parkplätzen.
Im Frühjahr wird der Platzcharakter noch gestärkt, wenn ein Baum gepflanzt und die Grünstreifen angepflanzt werden, die das Grundstück um den Stadel zur öffentlichen Fläche hin begrenzen. „Für die Gemeinde sind die Nowaks mit ihrem Stadel ein Glücksfall“, sagt Theobald Harlacher. „Dadurch ist das große Gebäude erhalten und belebt mit einem Betrieb, der keinen Lärm macht. Und es gibt ein Geschäft, das auch Kunden von außerhalb anzieht.“
Ausschnitte aus der Auslobung des Preises für eine kurze erläuternde Einleitung?
Mit dem Preis werden alle drei Jahre engagierte Gemeinden ausgezeichnet, die auf innovative bauliche Gestaltungskonzepte als wichtige Strategie für die zukünftige Gemeindeentwicklung setzen.
Baukultur ist mehr als nur Bauen
Mit ‚Baukultur‘ ist die nachhaltige und gemeinschaftliche Entwicklung von Dörfern und Gemeinden gemeint, wie dort z. B. mit historischen Gebäuden umgegangen wird und unter welchen Gesichtspunkten neue Baugebiete erschlossen werden. Dazu zählen auch die Gestaltung öffentlicher Räume und privater Bauten, genauso Fragen der Mobilität und Energieeffizienz.
Ortsentwicklung geht uns alle an
Viele von uns kennen das: Ein altes Gebäude, das über Jahrhunderte schlagendes Herz des Dorfes war, in dem Geschichte geschrieben wurde und Menschen zusammen gekommen sind, muss plötzlich weichen. Doch was kommt nach?
Jedes alte und neue Gebäude beeinflusst das Gesicht einer Gemeinde. Es schafft Wertschätzung, Wertschöpfung und Identität – oder das Gegenteil davon. LandLuft möchte Menschen würdigen, die sich für die Gestaltung von Lebensraum in ihrer Gemeinde stark machen. Menschen, die Verantwortung übernehmen und sich einbringen für den Erhalt ihres kulturellen Erbes. Menschen, die bereit sind in ihrer Gemeinde Veränderungen anzustoßen und dabei die nachhaltige bauliche Entwicklung und den schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen im Fokus haben.
Jury Begründung
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D_i_e_ _E_r_n_e_u_e_r_u_n_g_ _d_e_r_ _O_r_t_s_m_i_t_t_e_ _i_n_ _D_e_u_c_h_e_l_r_i_e_d_ _-_ _v_o_n_ _d_e_r_ _G_e_m_e_i_n_d_e_ _W_a_n_g_e_n_ _i_m_ _H_i_n_t_e_r_g_r_u_n_d_ _t_a_t_k_r_äf_t_i_g_ _b_e_f_ör_d_e_r_t_ _-_ _m_i_t_ _d_e_m_ _z_e_n_t_r_a_l_e_n_ _D_o_r_f_g_e_m_e_i_n_s_c_h_a_f_t_s_h_a_u_s_ _z_e_i_g_t_ _b_e_i_s_p_i_e_l_h_a_f_t_,_ _w_i_e_ _d_u_r_c_h_ _B_a_u_k_u_l_t_u_r_ _e_i_n_e_ _p_o_s_i_t_i_v_e_ _D_y_n_a_m_i_k_ _a_u_f_ _d_a_s_ _g_e_s_a_m_t_e_ _D_o_r_f_l_e_b_e_n_ _a_u_s_s_t_r_a_h_l_e_n_ _k_a_n_n_._ _D_u_r_c_h_ _d_a_s_ _m_i_t_ _B_ür_g_e_r_b_e_t_e_i_l_i_g_u_n_g_ _e_n_t_s_t_a_n_d_e_n_e_ _B_a_u_p_r_o_j_e_k_t_,_ _d_a_s_ _n_e_b_e_n_ _d_e_n_ _g_e_m_e_i_n_d_l_i_c_h_e_n_ _A_u_f_g_a_b_e_n_ _a_u_c_h_ _w_i_c_h_t_i_g_e_ _s_t_äd_t_e_b_a_u_l_i_c_h_e_ _F_u_n_k_t_i_o_n_e_n_ _üb_e_r_n_i_m_m_t_,_ _i_s_t_ _e_i_n_e_ _n_e_u_e_ _A_u_f_b_r_u_c_h_s_t_i_m_m_u_n_g_ _i_m_ _D_o_r_f_ _e_n_t_s_t_a_n_d_e_n_._ _A_u_c_h_ _p_r_i_v_a_t_e_ _B_a_u_h_e_r_r_e_n_ _h_a_b_e_n_ _i_n_z_w_i_s_c_h_e_n_ _i_m_ _B_e_r_e_i_c_h_ _d_e_r_ _n_e_u_e_n_ _D_o_r_f_m_i_t_t_e_ _i_n_v_e_s_t_i_e_r_t_ _u_n_d_ _w_e_i_t_e_r_e_ _h_o_c_h_w_e_r_t_i_g_e_ _P_r_o_j_e_k_t_e_ _r_e_a_l_i_s_i_e_r_t_._ _E_i_n_e_ _F_o_r_t_s_e_t_z_u_n_g_ _d_i_e_s_e_r_ _T_e_n_d_e_n_z_ _w_ür_d_e_ _d_a_s_ _p_o_s_i_t_i_v_e_ _G_e_s_a_m_t_b_i_l_d_ _n_o_c_h_ _v_e_r_s_t_är_k_e_n_._
Bericht von Susann Müller Wangen